Routine-Eingriff Kastration: Hengst Kastrieren Ja oder Nein?

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Stell Dir vor (oder vielleicht ist der Fall bereits bei Dir eingetreten) du suchst nach deinem Traumpferd, du findest ihn, doch er ist noch Hengst. Und du hast diverse Gründe für dich, weshalb du ihn kastrieren lassen möchtest, die lassen wir an dieser Stelle erstmal außen hervor denn darauf gehe ich später ein. Oder vielleicht muss es sogar passieren. Und jetzt stehst Du da, es ist eventuell deine erste Kastration und du willst dich informieren oder beraten lassen, denn – eine Kastration, auch wenn sie mittlerweile ein Routineeingriff sind, birgt viele Risiken, über die man aufgeklärt sein sollte, um entsprechend einer sachlichen Entscheidung als PferdebesitzerIn treffen zu können.

Die Pferdekastration gehört zu den am meisten nachgefragten medizinischen Eingriffen. Daher gilt sie mittlerweile als „Routineeingriff“ und gehört mittlerweile zum Angebot jeder Pferdeklinik und auch noch einige Haustierärzte. Die Vorgehensweisen der verschiedenen Tierarzte variieren jedoch sehr, und oftmals gibt es auch Tierarzte die veraltete Methoden anwenden derer bereits vielfach an Studien belegt haben dass diese weitaus mehr Risiken beinhalten als andere. Wie soll als der Pferdehalter da einen Durchblick bekommen? Keine Sorge, ich habe Dir hier alles übersichtlich aufgestellt inkl. Aktueller Studienlage und auch so beschrieben, dass es leicht zu verstehen ist, sodass Du für dich deine eigene Entscheidung treffen kannst.

Quellen:

Einiges aus diesem Beitrag habe ich aus verschiedenen Quellen entnommen. Mehr Infos sowie Disclaimer findest du weiter unten im Quellenverzeichnis 😊 Infos zu Fotos direkt im Bildverzeichnis. 

Die Arten der Kastration

Klar, das Ergebnis aller Methoden sollte ein Wallach sein. Grundsätzlich unterscheidet man liegende und stehende, bedeckte und unbedeckte Kastration.

1. Stehende Kastration

Hier wird dem Pferd eine Sedierung verabreicht sodass es im stehen kastriert werden kann. Zudem erhält es eine lokale Betäubung. 

Foto: Propferd.at

2. Abgelegte Kastration

Hier der Hengst abgelegt um somit vollen Zugang zum Lendenbereich zu erhalten. 

Grafik: Tierspital UZH

3. Laparoskopisch

Minimalinvasive Technik wobei anhand eines Laparoskops die Blutversorgung des Samenleiters durchtrennt.

Foto: Tierspital UZH

1. Stehende Kastration

Diese Methode wird am stehenden Pferd und meist am Heimatstall durchgeführt. Das Pferd wird hierbei vom Tierarzt sediert und während der Kastration unter Umständen nochmal „nachsediert“ damit es weiterhin ruhig steht. Dabei kann es allerdings zu Kreislaufprobleme kommen. Zusätzlich wird dann die betroffene Stelle mit einem Lokalanästhetikum betäubt – trotzdem kann das ziemlich schmerzhaft sein fürs Pferd. Wenn ihr also dabei seid, solltet ihr das auch durchhalten können und einen starken Magen haben.

I.d.R. wird für diese Methode die unbedeckte Variante gewählt – hier wird der Hodensack bis auf den Hoden geöffnet. Die Hoden des Hengstes werden mit zwei Schnitten frei gelegt und mit einer Faßzange gegriffen. Danach werden sie mit einer speziellen Kastrationszange abgetrennt. Hierbei werden zu- und ablaufen- de Blutgefäße abgedrückt, um mögliche Nachblutungen weitgehend zu verhindern. Der Vorteil bei dieser Variante ist, dass sie relativ wenig zeitaufwendig ist und der Kostenfaktor relativ gering ist. Zudem werden die Risiken einer Vollnarkose umgangen. Die Nachteile bzw. Risiken dieser Methode sollten jedoch nicht unbedacht bleiben, denn durch nicht richtig abgeklemmte Gefäße kann es zu starken, im Heimatstall oft nicht zu behebenden, Nachblutungen kommen. Ein mögliches tödliches Risiko ist ein Darmvorfall, bei dem die Darmschlingen durch den eröffneten Hodensack treten können. Außerdem ist der Stressfaktor bei dieser Methode sehr zu beachten, für Mensch und Pferd. Letztlich ist auch für den Tierarzt der Eingriffsbereich schwieriger zu sehen als bei einem abgelegten Pferd. Oft wird diese Methode nur auf ausdrücklichen Wunsch des Pferdebesitzers durchgeführt, und wenn dann sollte der Tierarzt ausführlich darüber aufklären. Es kommt natürlich auch mal vor, dass das Pferd hinten austritt und somit den Tierarzt erwischt, daher empfehlen viele Tierärzte doch lieber das Pferd abzulegen.

2. Abgelegte Kastration

Es gibt auch einige Tierärzte die eine Kastration in Vollnarkose in liegendem am Heimatstall anbieten. Hier wird das Pferd auf einer Wiese oder im Stall abgelegt. Die Risiken hierbei liegen auf der Hand – es ist eine wenig sterile Umgebung, das sollte man wissen. Auch die Aufwachsituation birgt gewisse Risiken, die an nicht geeigneten Örtlichkeiten schnell zur Gefahr werden können. Daher wird oft empfohlen diese Methode in einer Pferdeklinik durchführen zu lassen, um diese Risiken zu minimieren.

für diese Methode wird gerne die bedeckte Methode gewählt – bei der die Hoden von einer dünnen Gewebeschicht (Tunica vaginalis) ummantelt bleiben. Bei dieser Vorgehensweise besteht kein freier Zugang zur Bauchhöhle und das Risiko einer Infektion oder eines Darmvorfalls wird dadurch erheblich minimiert. Die Tierärztin nimmt die Kastration über die Leistengegend mit der bedeckten Methodik vor. Hierbei handelt es sich zwar um eine anspruchsvolle Operationsmethode, deren Vorteile aber auf der Hand liegen: Der Samenstrang rutscht in Richtung Bauchhöhle und wird dadurch in der Zukunft als Störfaktor ausgeschlossen. Die Gefahr einer Samenstrangfistel wird so erheblich gemindert!

3. Laparoskopisch

Eine weitere Möglichkeit ist ein laparoskopischer Eingriff. Durch Ligaturen und Unterbrechung der Blutversorgung und des ductus deferens (Samenleiter) verkümmern die Hoden im Hodensack. Samenstrang und Blutgefäße werden während des Vorgangs verödet, der Samenstrang ebenfalls durchtrennt. In der ersten Woche nach der Operation schwellen die Hoden an, verlieren dann allerdings schnell an Größe. Nach ungefähr fünf Monaten sind die Hoden dann nicht mehr zu ertasten. Da für über diese Methode ein höherer personelle Aufwand erforderlich ist, ist diese auch etwas kostspieliger im Vergleich zu den anderen Methoden.  Allerdings ist wenig traumatisierend, mit wenig diagnostischem Aufwand verbunden, bietet ein hohes Maß an Sicherheit und ist kosteneffizient. Die Durchführung des Eingriffs in Allgemeinarkose gewährleistet außerdem die angemessene Versorgung des Kastrationsstumpfes und der Kastrationswunde auf der meist normal entwickelten Gegenseite.

Der Zeitpunkt der Kastration

Grundsätzlich kann man den Zeitpunkt der Kastration unabhängig von der Jahreszeit, Alter oder Rasse wählen. Oft wird jedoch die Kastration für 3 jährige empfohlen da das Pferd bis dahin sich körperlich entwickelt haben und nur in geringfügigen maße auf Wachstum und Exterieur Einfluss nimmt. Aus einigen Artikeln geht heraus dass hier der sogenannte „Hengsttyp“ oft erhalten bleibt. Auch bei Hengsten im hohen Alter ist die Durchführung einer Kastration oftmals unkompliziert. Der medizinische Fortschritt macht den Eingriff auch bei älteren Pferden mit einem gut einschätzbaren Risiko möglich. Was man hierbei jedoch bedenken sollte ist, dass die Pferde sich an ihren Hormonhaushalt gewöhnt haben und daher nach einer Kastration eine Art „Depression“ erleiden können. Sie wirken dann oft matt und temperamentlos allerdings warnen Tierärzte an dieser Stelle rasch zu einer Hormonkur oder ähnliches zu greifen denn das könne den Hormonhaushalt noch weiter in Chaos bringen.

Bei einem Hengst, der älter als vier Jahre ist, ist eine Kastration im Stehen nicht mehr möglich. Die Gefahren sind für den Tierarzt dann nicht mehr kalkulierbar. Der vergrößerte Leistenspalt bei einem älteren Tier muss bei der Kastration geschlossen werden. Das ist nur operativ unter Vollnarkose möglich. Auch die Blutgefäße und Samenstränge sind deutlich stärker ausgeprägt als bei jüngeren Pferden – was zu stärkeren Blutungen führen kann.

Unabhängig von der Methode und vom Alter des Pferdes gibt es grundsätzliche Risiken in Form von Nachblutungen, Schwellungen, Darmvorfällen und Fistelbildungen. Diese hängen unter Anderem auch vom Allgemeinzustand des Pferdes ab.

Was meint ihr, hat Nek stark abgebaut?

Vorher Nachher

Der Heilungsverlauf

Nach einem komplikationslosen Eingriff ist auch der Heilungsverlauf in der Regel unproblematisch. Die Genesungszeit nach einer bedeckten Kastration in Vollnarkose beläuft sich ungefähr auf drei WochenMeist verbleiben die Pferde für zirka drei Tage in der Klinik wenn sie dort kastriert wurden. Je nach Methode kann allerdings das Pferd in manchen Fällen auch direkt wieder nachhause. In dieser Zeit werden sie mit leichten schmerzstillenden Medikamenten behandelt und erhalten gemäßigte Bewegung (Schritt führen). Die Gabe von Antibiotika ist im Normalfall nicht nötig. Zusätzlich wird die Körpertemperatur des Tieres regelmäßig überprüft: Fieber kann auf eine Infektion der Wunde schließen lassen. Ist das Pferd wieder im heimischen Stall, sollte es zunächst weiter im Schritt bewegt werden. Grundsätzlich sollte man innerhalb der ersten zehn Tage Schritt führen, kann aber im weiteren Verlauf die folgenden zehn Tage Schritt reiten. Danach können die Neu-Wallache langsam wieder antrainiert werden Das Verhalten des Pferdes sollte sich bis zur achten Woche nach dem Eingriff verändern. Der Hormonhaushalt stabilisiert sich in dieser Zeit und es wird deutlich weniger Testosteron produziert.

Häufige Komplikationen

Komplikationen treten laut einer Studie aus den USA häufiger vor als gedacht. Zwischen der bedeckten und unbedeckten Methode zeigte die unbedeckte Kastration 60% häufiger Komplikationen als die bedeckte. Davon waren die meisten nur „leichte“ Komplikationen. Schwellungen des Hodensacks traten am häufigsten auf, gefolgt von einer Entzündung des Samenstrangs und Sekretbildung. Bei den meisten Fällen mit Komplikationen musste die Wunde der Pferde erneut geöffnet werden, gefolgt von einer Nachbehandlung mit antimikrobiellen Substanzen (Antibiotika). Die Autoren dieser Studie riefen also auf die unbedeckte Kastration am stehenden Pferd zur Überprüfung der Technik bedarf.

Eine weitere Studie die an der Universität Wien durchgeführt wurde, zeigte ähnliche Resultate in Bezug auf die Arten der Komplikationen und deren Häufigkeit. Als Komplikation konnten auftretende Hämatome/Serome, Ödeme, Infektionen, Blutungen, Samenstrangfisteln und Bindegewebsvorfälle festgestellt werden. Darmvorfälle wurden nicht beobachtet und treten bei bedeckter Kastration gewöhnlich auch nicht auf. Sie untersuchten die unbedeckete Kastration, die bedeckte Kastration nach Schouppe und die Skrotalablation. 

Bedeckte Kastration nach Schouppe: hierbei werden zu Beginn zwei parallele Längsschnitte durch die Skrotalhaut durchgeführt, um so die Präparation, das Ligieren und das Absetzen wie zu ermöglichen. Diese Hautschlitze werden dann offen gelassen, um gegebenenfalls den Abfluss von Wundsekret zu gewährleisten. Beide Methoden unterscheiden sich also hinsichtlich der Art und Weise um zu den Hoden zu gelangen und abschließend mit der Skrotalhaut verfahren wird.

Bedeckte Kastration/Skrotalablation: die Skrotalhaut, welche die äußere Hülle des Hodensacks bildet, angehoben und ein Lappen mit der Schere entfernt („Ablation“ – Abtragen unerwünschten Gewebes), so dass mittels dieses Fensters ein Zugang zu beiden Hoden geschaffen wird. Im Anschluss werden die Testikel herauspräpariert und Samenstrang sowie Blutgefäße mit jeweils einer doppelten Schlinge vor Absetzen des Hodens abgebunden. Schließlich wird die verbleibende Skrotalhaut flach zusammengezogen und vernäht.

Insgesamt führte die Kastration nach Schouppé zu Komplikationen zu 55,52% zu Komplikationen, wobei es sich vorwiegend um Blutergüsse und in etwa der Hälfte der Fälle um heraustretendes Bindegewebe handelte, das entsprechend entfernt wurde. Die Skrotalablation mit 18,55 % lediglich leichte Komplikationen zur Folge, nämlich Blutergüsse, Ödeme oder Blutungen. Bei dieser Art der Kastration wurden weder Samenstrangfisteln, noch Infektionen oder Bindegewebsvorfälle beobachtet. Sehr ähnlich schnitt auch die Kastration aus der Leiste ab, wobei jedoch die 30 auf diese Weise durchgeführten Kastrationen keine deutlich signifikanten Informationen liefern können und zwei Samenstrangfisteln festgestellt wurden. Abgesehen von der Methode untersuchten sie auch die Korrelation zwischen Alter des Pferdes und Methodik. Das Resultat: Ab einem Alter von zwei Jahren stieg die Komplikationsrate schlagartig an und betrug ab dem vierten Lebensjahr 50 % oder mehr. 

Alter der Pferde Häufigkeit der Komplikationen
0 - 1 Jahre 16,7%
1 - 2 Jahre 17,3%
2 - 3 Jahre 37,8%
> 3 Jahre 52,3%

In Bezug auf Alter-Methode-Komplikationen lies sich unschwer erkennen, dass die Skrotalablation bei Null- bis Dreijjährigen zwar besser als die Kastration nach Schouppé abschnitt, es bei älteren Tieren jedoch relativ egal zu sein schien, welche der beiden Methoden eingesetzt wurde, wenn man vom höheren Risiko der Fistelbildung bei Schouppé absieht, da beide Methoden ab dem vierten Lebensjahr dramatisch häufiger Komplikationen zur Folge hatten.

Es gibt mittlerweile auch zig weitere Studien. So kam mir letztens einer über den Tisch die den Zusammenhang zwischen Kastrations & Mondphase untersuchte. Allerdings konnte keine Korrelation zwischen dem Auftreten der Komplikationen und bestimmten Mondtagen oder bestimmter Mondphasen nachgewiesen werden. 

Insgesamt kann man anhand der Studienlage jedoch sagen, dass eine Kastration im jungen Alter vorteilhafter für Mensch & Pferd ist. Es wird sogar darauf hingewiesen dass das psychische Trauma weitaus geringer ausfällt als bei einem älteren Hengst der kastriert wird und daher tierschutzfreundlicher ist. 

Gründe für eine Kastration

Die Gründe für eine Kastration sind vielfältig. Oftmals geht es nur darum, dass sich der Hengst nicht weiter fortpflanzen soll und so seine Haltung deutlich vereinfachen soll. Vor allem in Deutschland ist die Hengsthaltung eher die Ausnahme und wird meist nur von Züchtern, Sportställen oder andere größere Organisationen geführt. Hingegen ist die Hengsthaltung als Privatpferdebesitzer weitaus schwieriger, denn „normale“ Pensionsställe haben oftmals nicht die Möglichkeit eine artgerechte Haltung zu bieten, oder wollen es einfach nicht da es als Mehraufwand angesehen wird. Es kann aber auch sein, dass sie es anbieten, jedoch sind dann die Umstände nicht sehr pferdefreundlich und schränken das Wohlbefinden des Hengstes drastisch ein. Das ist natürlich sehr schade, denn insbesondere Hengste sind sehr fein und sensibel und entwickeln oft „Unarten“ oder physiologische Nebenwirkungen, die durch Stress verursacht werden. Oftmals kann es aber auch sein, dass der Hengst, der vorher superlieb und umgänglich war durch die Hormone eine 180 Grad Wendung macht und auf einmal nicht zu Bändigen ist. Ein weiteres Beispiel, ein bereits älterer Hengst wird aus einem anderen Land importiert und hat keine gute Grunderziehung genossen oder weiß der Geier was, und wird zum Wildpferd. Wenn man in so einem Szenario keinen Stall hat, in dem man dem Pferd die Möglichkeit bieten kann zu Ruhe kommen zu lassen und an der Gehorsamkeit zu arbeiten wird es ganz schnell zu einer sehr unangenehmen und stressigen Situation für Pferd & Mensch. Des weiteren haben nicht alle ReiterInnen Hengsterfahrung und Wissen ihm gerecht zu werden in der Erziehung, dies gilt vor allem bei Junghengste.

Es kann aber auch das komplette Gegenteil eintreten, und es wird medizinisch notwendig einen Hengst zu kastrieren, auch wenn man ihn weiter als Hengst halten möchte. Hodendrehungen und Entzündungen, Leistenbrüche, tumorartige Entartungen sind nur wenige Beispiele weshalb es notwendig sein kann eine Kastration durchzuführen. Ob man an dieser Stelle den Hormonhaushalt als medizinisch notwendigen Grund aufführen möchte, oder wie oben beschrieben, dafür ist das Pferd umgänglicher zu machen und die Haltung zu vereinfachen, lass ich euch an dieser Stelle entscheiden. Wenn ein Hengst durch seinen Hormonhaushalt aggressiv wird, und so durch zur Gefahr für sich und andere plädieren viele dafür, dass es aus medizinischer Sicht notwendig sein wird. Es gibt jedoch einige Stimmen, die besagen, dass das Humbug sei. Ein Hengst benötigt eine gute Grunderziehung, artgerechte Hengsthaltung, Zeit & Geduld. Das aggressive Verhalten das einige an den Tag legen wird durch anderweitige Ursachen hervorgerufen. Margit Zeitler-Feicht in ihrem sehr ausführlichen „Handbuch Pferdeverhalten“ beschreibt: „Erwachsene Hengste, insbesondere Deckhengste, werden oft stark isoliert und ohne Möglichkeit zum gemeinsamen Koppelgang mit Artgenossen gehalten. Sie zeigen deshalb auch besonders viele Verhaltensauffälligkeiten.“ Leider finde ich an dieser Stelle noch keine Studien zur Korrelation Hengstverhalten, Hormonhaushalt, Hengsthaltung und die Zusammenhänge, aber ich suche Weitere (Wer an dieser Stelle Erfahrung hat, Studien kennt oder anderweitige Quellen hat kann mich sehr gerne anschreiben!). 

 

Die Alternative zur Kastration

Du wirst es nicht glauben, aber Ja, es gibt mittlerweile eine Alternative zur klassischen Kastration. Diese nennt sich „Immunokastration“. Eine Studie aus Frankreich untersuchte diese Methode genauer und kam zu dem Resultat, dass diese Methode eine wirklich sehr interessante Alternative ist.

Doch was genau ist die Immunokastration? Sie basiert auf dem Prinzip einer Impfung – durch die Injektion eines bestimmten Wirkstoffs wird das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern angeregt, im konkreten Fall zur Verhinderung der Bildung von Geschlechtshormonen (Apropos! was mir off-topic dazu übrigens direkt einfällt ist die aktuell heiß diskutierte Verhütungsmethode fuer uns Menschen – die Spritze für Männer). Dadurch wird in letzter Konsequenz die gleiche Wirkung wie bei der klassischen Kastrations-OP erreicht, nämlich die Zeugungsunfähigkeit des, geimpften’ Pferdes. Das besondere aber hierbei ist, dass sie zeitlich begrenzt ist und daher umkehrbar ist. Nebenwirkungen sind aktuell noch keine bekannt da es noch recht früh in der Studie ist, jedoch zeigten die getesteten Hengste positive Resultate. Zum Faktor Kosten gibt es aktuell auch noch nichts, und ob es überhaupt für den „normalen“ Privatpferdebesitzer irgendwann zugänglich sein wird, bleibt fragwürdig. Allerdings wäre das ein richtiger Game-Changer in der Pferdewelt.

 

Das Fazit Kastrieren: Ja oder nein?

Insgesamt kann man sagen, dass eine Kastration durchaus Sinn ergibt, auch wenn sie nicht immer eine medizinische Notwendigkeit mit sich führt. Man ermöglicht dem Pferd ein deutlich angenehmeres und stressfreieres Dasein, insbesondere dann, wenn man selbst nicht die Möglichkeit hat einem Hengst eine möglichst stressfreie Haltung zu bieten. Zudem spielt auch der Punkt mit ein, dass Hengste nicht in „Laienhände“ gehören. Insbesondere Junghengste brauchen eine geduldige, ruhige und konsequente (erfahrene) Hand damit sie sich positiv entwickeln können, um dann später ein unkontrolliertes Verhalten zu vermeiden (Ausnahmen mal vorneweg). Hengste verhalten sich schlichtweg anders als Wallache & Stuten. Wer jedoch die nötige Erfahrung mitbringt, die Möglichkeit hat eine artgerechte Hengsthaltung zu bieten und zudem noch einiges vorhat gibt es auch alternativen zur klassischen Kastration. Allerdings muss man auch hier die Vor- und Nachteile abwägen, ob diese für einen selbst & das Pferd Sinn ergeben.

Fazit – Die Entscheidung liegt beim Pferdebesitzer selbst. Man sollte sich selbst, sein Vorhaben und die externen Faktoren & Möglichkeiten hinzuziehen, um abzuwägen was für einen selbst & für das Pferd Sinn ergibt. Es gibt mittlerweile auch immer mehr Studien, die geführt werden mit Herdenhaltung in denen auch Hengste gehalten werden, die unter verschiedenen Soziologischen Umständen aufgezogen wurden. Es bleibt aber nachwievor so, dass in Deutschland Hengste als böse dargestellt werden und andererseits ist es mittlerweile auch zu einem richtigen Modetrend geworden einen Hengst zu halten.

Egal wie rum man sich entscheidet, eine Sache kann ich aus persoenlicher Erfahrung auf diesem Weg mitgeben – ueberlegt es euch eine OP-Versicherung oder gar eine Krankenversicherung fuer euer Pferd abzuschliessen. Ja es gibt Pferde die ein leben Lang kaum Tierarztkosten haben, es kann aber ganz schnell passieren. Und wenn, dann kann es auch ganz schnell im den 4-stelligen Bereich landen. Da hat man unter Umständen sogar die monatlichen Beiträge die man bezahlt hat auch wieder raus. Ich werde demnächst einen Artikel darüber schreiben und ein Kalkulations-Modell aufstellen das ich für mich selbst auch genutzt habe inkl. Risiko & Wahrscheinlichkeitsberechnung. Vielleicht hilft das euch in eurer Entscheidung weiter. 

Wie lief das bei Nek?

Nek habe ich am Stall kastrieren lassen. Die Tierärztin hat ihn abgelegt und eine bedeckte Kastration durchgeführt. Das Ganze mit anzusehen war nicht so schön. Die Kastration selbst verlief unproblematisch. Jedoch entstanden einige Wochen später über Ostern Komplikationen, weshalb wir den Tierarzt zum Notfall an den Stall riefen. Es bestand Verdacht auf Bauchfellentzündung, jedoch wurde es Nek nach ein paar Tagen Behandlung wieder besser. Einige Wochen später das gleiche wieder, dieses mal Verdacht auf Samenstrangfistel. Und wieder wurde es nach ein paar Tagen und tägliche Spritzen wieder besser. Aktuell geht es Nek gut und die Wunde ist komplett verheilt. Die Tierarztrechnung selbst jedoch hat mir einen halben Herzinfarkt gegeben – Rund 3000 EUR. Ich würde daher jedem empfehlen entweder direkt einen Wallach zu kaufen, die Kastration vom Verkäufer durchführen zu lassen, in der Klinik die Kastration durchführen zu lassen oder den Hengst nicht kastrieren lassen, denn der Stress, die Angst und die finanzielle Belastung am Ende ist nicht zu unterschätzen.

Wusstest Du dass...

Es in den letzten Jahren einen Fall gab bei dem ein Tierarzt für eine besonders risikobehaftete Kastrationsmethode haftete? Das Pferd wurde am stehenden Pferd durchgezogen, und die Wunde wurde anschließlich mit 2 Metallklammern geschlossen. Es entstand im Nachhinein eine Samenstrangfistel für die das Pferd in die Klinik musste. Die Methode war besonders risikobehaftet und wurde nicht sachgemäß ausgeführt. Mehr dazu kannst du hier lesen.

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Auch wenn ich mir absolut Mühe gebe mit meiner Recherche, so kann es vorkommen dass ich Dinge fehlinterpretiere oder sonst irgendwas. Hab keine Scheu mich anzuschreiben, denn das Ziel dieses Blogs ist es, eine leicht zu verstehende, kreative Übersicht zu bieten bei dem jeder Leser und Leserinnen sich über die Pferde informieren kann 😁

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