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Vielleicht stehst Du gerade davor einen Murgesen zu kaufen, oder willst Dich erstmal in die ganze Thematik reinlesen oder vielleicht hast Du sogar schon einen Murgesen, bist aber neugierig, wie es anderen beim Kaufprozess erging. Es gibt so viele verschiedene Wege einen Murgesen zu finden und andersrum so viele verschiedene Interessierte aus den verschiedensten Sparten. Sei es in der Freizeit, Horsemanship, klassische Dressur nach FN, akademische Reitkunst usw. Daher starte ich kleine Reihe „Mein Murgese“, indem ich verschiedene MurgesenbesitzerInnen interviewt habe und Euch Einblicke in deren Erfahrung gebe. In diesem Teil gehe ich auf die Geschichte von Martina und ihrem “Miro” (Maurizio) ein.

Martina & Miro stellen sich vor
Martina ist gelernte Tierheilpraktikerin für Pferde und vertreibt Sättel der Marke Hidalgo. Sie hat sich nach vielen Jahren aus dem FN Sport verabschiedet und ist in den frühen Jahren zur akademischen Reitkunst gewechselt. Seither bildet sie sich regelmäßig weiter und absolvierte zudem Horsemanship Weiterbildungen. Seit etwa über einem Jahr hat sie Miro, ein 6-jähriger Murgesenwallach, in die Familie begrüßt und konnten schon so einiges gemeinsam erleben. Wer gerne mehr über die beiden erfahren möchte, kann sie direkt über ihre Website kontaktieren (Link auf Foto)
Martinas Weg zum Murgesen
Murgesenpferd.de: Freut mich, dass es so kurzfristig geklappt hat! Starten wir doch direkt mit der ersten Frage: Wie bist Du auf Murgesen & Miro gekommen?
Martina: Ich komme ursprünglich aus der Warmblutszene und hatte einen eigenen Warmbluthengst, der auch zur Zucht zugelassen war. Jedoch hat mir damals schon die Szene und wie sie mit den Pferden beispielsweise bei Hengstleistungsprüfungen oder Turnieren umgegangen sind, nicht gefallen. Daher schaute ich mich nach Alternativen um, und stieß so zufällig auf den noch damals recht jungen Bent Branderup. Als ich ihn bei seiner Arbeit das erste Mal zuschaute, überkam mich ein richtiges “Aha!”. Ich wusste, dass es das ist, was ich suchte. Die Art zu reiten und mit den Pferden umzugehen hat mich einfach überzeugt. Ich besuchte daraufhin viele Seminare und bildete mich stets weiter und gelangte auch so parallel zur akademischen Reitweise an das Horsemanship. Mir gefiel diese Art auch, da sie eine hervorragende Methode ist einen Grundstein in der Pferdeausbildung zu legen und eine klar definierte und konstante Kommunikation mit dem Pferd zu erlangen.
Mir hat damals schon die Szene und wie sie mit den Pferden [...] umgegangen sind nicht gefallen. [...]Daher schaute ich nach Alternatriven und fand den damals noch jungen Bent Branderup.

Martina: Irgendwann kam dann der Moment, in dem ich nach einem neuen Pferd Ausschau halten wollte. Ein Pferd, mit dem ich diesen Weg der akademischen Reitweise beschreiten kann. Bent ist ja bekannt für seine Knabstrupper, und klar, diese Pünktchen sind einfach nur entzückend. Daher suchte ich zuerst nach einem Knabstrupper, wurde aber nicht fündig. Sie sind auch recht selten, und die, die ich fand, gefielen mir nicht. Deshalb war mein nächster Gedanke evtl. nach einem Lusitano oder Andalusier Ausschau zu halten. Und dann kam doch alles anders, und ich fand meinen “Momo”. Ein junger Lipizzaner Wallach aus der Maestoso Linie, mit dem ich mich weiterbildete, hochgearbeitet habe und später auch viele Working Equitation Turniere bestritt.
Martina: Ich befasste mich also auch vermehrt mit der Geschichte und Ursprung der Lipizzaner, und fand heraus, dass es 6 Hengstlinien gibt, auf die die Lipizzaner der Wiener Hofreitschule zurückzuführen sind, und zwei davon fand ich besonders interessant: die beiden Neapolitanischen Hengste Conversano & Neapolitano. So las ich mich vermehrt in die Thematik ein, jedoch gibt es diese Pferde heute leider nicht mehr. Aber die Murgesen gibt es! Vor allem während meiner Zeit an der Bückeburger Hofreitschule hatte ich die Möglichkeit, die dortige Bibliothek zur Recherchezwecke zu nutzen, und konnte so vieles über die Pferde lesen. Was mir direkt gefiel, war, dass sie oftmals als “1-Mann-Pferd” bezeichnet wurden und absolute Schlachtrösser sind. Ich konnte mir auch ganz viele alte Kupferstiche anschauen, was ich besonders spannend fand.

Ich wusste genau in diesem Moment dass es ein Murgese werden muss
Wilkommen Miro
Martina: Rein aus Interesse fing ich an im Internet einfach mich mal umzuschauen, und irgendwie gelangte ich an eine Anzeige von einem jungen Murgesenhengst, frisch aus Italien importiert. Als ich mir die Fotos ansah, dachte ich schon wow! Das wärs! Allerdings (und das war wohl auch gut so in dem Moment) stand unter der Anzeige “schon verkauft”. Die Anzeige hatte ich erstmal vergessen und arbeitete normal weiter. Eine Woche später jedoch wurde Momo krank. So krank, dass wir rasch in die Klinik fahren mussten, da es absolut nicht besser wurde. Dann die Schock-Diagnose: Bauchwassersucht. Leider gibt es dafür keine Heilung, und so musste ich mich schweren Herzens dazu entscheiden, Momo über die Regenbogenbrücke zu schicken. Da war ich erstmal platt… ich fuhr nachhause und musste mich erstmal zurückziehen und das ganze verarbeiten. Am selben Tag abends schaute ich in mein Facebook rein und sah erneut die Anzeige von Miro. Nur dieses Mal stand dabei “wegen unzuverlässiger Käuferin wieder zu haben”. Da dachte ich mir schon irgendwie, dass das Schicksal Witze macht… Ich hatte mich schon auf den Fotos in ihn verguckt, und genau an diesem Tag ist er wieder online und zu haben. Ich hatte die Anbieterin angeschrieben und prompt rief sie mich an. Ich weiß noch wie lange wir gequatscht hatten, wir verstanden uns bereits am Telefon blendend, und so machte ich einen Termin, um Miro kennenzulernen. Ein paar Tage später fuhr ich dort hin. Wir liefen in die Stallgasse, machten die Boxentür auf, und das Erste, was Miro gemacht hat, war sein Kopf auf meine Schulter zu legen. Da hatte ich das Gefühl Momo flüstert aus dem Himmel zu uns runter, es hat einfach gepasst. Zu dem Zeitpunkt war Miro nicht viel mehr als Halfterführig. Ich hatte mein Equipment dabei, putzte ihn ausgiebig und ging mit ihm in die Halle und probierte einfach ein paar Dinge aus. Aber auch wenn er sehr skeptisch war, er war super offen, neugierig und hat sich richtig Mühe gegeben, echt toll! Normalerweise räume ich mir selbst ein paar Tage Bedenkzeit ein, um alles erstmal sacken zu lassen. Allerdings hat mir mein Bauchgefühl gesagt „das ist es„, also sagte ich direkt zu. Gesagt, getan, zwei Wochen später wurde er gelegt und zu mir an den Stall gebracht. Bis heute bereue ich keinen einzigen Tag. Das ist doch Schicksal, oder?
Murgesenpferd.de: Wow. Das ist doch echt Schicksal, und wenn schon das Bauchgefühl ja sagt, dann ist es einfach das richtige. Was hat dich denn noch überzeugt?
Martina: Ganz klar das Interieur sowie das Exterieur. Ich mag und suche Pferde die eine gewisse Robustheit & Gesundheit von der Grundstatur mitbringen, und nicht irgendwelche Gebreche mitkaufe. Murgesen an sich sind eine recht gesunde Rasse und sind nicht überzüchtet.
Murgesenpferd.de: Oh ja, mir fällt vor allem bei vielen Murgesen die wirklich starken Gelenke auf und der wohlgeformte Rücken. Wie ging es den nach dem Kauf weiter?
Martina: Ich habe damals eine klinische AKU machen lassen und habe dann einen Transporteur organisiert. Die Murgesen kommen ja meist roh nach Deutschland, da ist ein größerer Transporter angenehmer als ein normaler Hänger. Miro war am Anfang recht wild. Von Steigen und Hitzigkeit war alles dabei, er war sozusagen “molte sportivo”. Aber klar, alles war fremd, fremdes Land, fremde Sitten, das musste er alles noch kennenlernen. Besonders abenteuerlich ging es in der Halle zu. Meistens, wenn wir in der Halle waren, sind alle herausgegangen, denn er hatte seine Momente, in denen er auch gerne mal sein Talent für Capriolen zeigen wollte. Es war aber niemals böse gemeint und nie gegen mich. Nach etwa 6 Monaten jedoch legte sich das alles gut, und wir konnten damit anfangen, ihn an den Sattel zu gewöhnen. Wir haben außerdem nur mit Kappzaum anfangs gearbeitet, den ich wollte, dass er keinesfalls negative Erfahrung mit dem Gebiss macht. Irgendwann war der Moment da, indem ich mich in den Sattel geschwungen habe. Ganz klar, mit einer Freundin die ihn gehalten hat und ganz sachte. Das hat er aber richtig gut gemeistert, und so kam es, dass wir recht schnell auch allein reiten konnten und sogar nach einigen Wochen auch direkt ins Gelände gegangen sind. Unsere Einheiten waren auch immer recht kurz, also zu Beginn 2x die Woche Reiten und dann nur 10-15min, und auch immer dann, wenn wir es im positiven beenden konnten, und wenn das hieß nur kurze Einheiten zu machen, dann war das so. Mittlerweile sind wir bei etwa 4x die Woche Reiten, wovon 2x Dressurarbeit sind und 2x Abwechslung in Form von Pylonen, Cavalettis usw. Alternativ, wenn das Wetter schön ist, sind wir auch im Gelände unterwegs.
Murgesenpferd.de: Das finde ich echt toll, ihr nehmt euch die Zeit, die ihr braucht. Was ist denn das Besondere an Miro? Was mag er den besonders gerne?
Martina: ganz klar – das Gelände! Er kennt die Strecke, vor allem welche die Galoppstrecke ist, und wir freuen uns beide mega darauf, wenn’s dann so weit ist. Das Tolle ist, man muss nur den Zügel ganz leicht nach vorne geben und er setzt sich hinten so tief hin und katapultiert in den Galopp hinein! Das ist wahrhaftig ein tolles Gefühl, aber man muss das auch sitzen können! Was ich an ihn auch so unheimlich schätze ist, dass er trotzdem zu jedem Zeitpunkt regulierbar ist.
Murgesenpferd.de: Oha, kein Wunder, dass er richtig muskulöse Beine hinten hat *Lach*. Was ist denn typisch Murgese bzw. typisch Miro?
Martina: Nichts ist vor ihm sicher alles, was er vor die Nase bekommt, nimmt er auseinander. Das ist aber eine Eigenschaft, die viele Murgesen haben. Sie sind halt superneugierig, experimentierfreudig und super sozial. Sie haben zudem auch eine innere Stärke, die einfach faszinierend ist. Man muss aber aufpassen, dass sie nicht die Führung übernehmen, dabei jedoch auch nicht unfair ihnen gegenüber werden. Niemals mit Wut reagieren, sondern deutlich sagen Stopp, bis hier hin und nicht weiter. Sie sind sehr sensibel bzw. feinfühlig, sie haben super feine „Antennen“ sage ich immer. Außerdem sind sie sehr ehrlich, und wenn man erstmal ein Team ist, dann gehen sie wirklich durchs Feuer für „ihren“ Reiter. Es sind einfach wunderschöne Pferde, mit einer wunderschönen Ausstrahlung. Das Besondere an Miro ist, dass er ein absolutes Verlasspferd mittlerweile geworden ist, aber durchaus seine Abwechslung braucht.
Worauf man bein Murgesen achten sollte


Murgesenpferd.de: Was hättest Du den gerne vorher gewusst? Etwas worauf Du Dich gerne hättest besser vorbereitet?
Martina: Die Futtereinstellung bzw. Rationsplanung. Murgesen haben einen anderen Mineralstoffbedarf als ein „normales“ Pferd und durch Mangel an Mineralstoffe können Stoffwechselprobleme auftreten. Außerdem habe ich mich erst spät mit der Zusammensetzung des Mineralfutterangebots auseinandergesetzt, dabei gibt es auch da so einiges, was man beachten sollte.
Murgesenpferd.de: Interessantes Thema! Dazu haben wir auch einen Artikel geschrieben bzw. genauer angeschaut, inwiefern bspw. ein Blutbild helfen kann und was genau die ganzen Mineralstoffe für eine Funktion haben. Ein Artikel über die Zusammensetzung von Mineralfutter wird es auch bald geben. Und was würdest du gerne anderen Interessierten weitergeben?
Martina: Murgesen sind tolle Pferde, sie sind majestätisch und anmutig. Aber, sie sind keine Anfängerpferde. Jemand der gerade erst angefangen hat zu reiten oder einfach noch nicht die Erfahrung mitbringt, sollte sich das genau überlegen. Es gibt andere Rassen die leichter zu „Überzeugen“ sind, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten als die Murgesen. Es sind “1-Mann-Pferde” ja, und das ist auch was absolut schönes, aber der Weg dahin erfordert eine gewisse Sensibilität, die viele Anfänger einfach noch nicht haben. Wie denn auch? Wenn allerdings der Grundstein gelegt ist, die Erziehung sitzt und die Pferde einen gewissen Ausbildungsstand mitbringen, dann sind sie durchaus richtige Familienpferde und durch ihre Verlässlichkeit und Unerschrockenheit auch mal als Kinderpony geeignet. Man muss halt beachten, dass sie roh aus Italien nach Deutschland kommen, von absoluter Freiheit in einer Herde und einen wahrhaftigen „Kulturschock“ bei uns erleben. Sehr viele Dinge müssen sie einfach erstmal kennenlernen. Dabei können sie recht wild sein und das kann auch schnell gefährlich werden.
Murgesenpferd.de: Ja das habe ich auch schon in der Zeit wo ich mit Murgesen zu tun habe bemerkt. Sie sind sehr sensibel oder feinfühlig und testen sehr gerne ihre Grenzen. Wenn man da nicht aufpasst, dann greifen sie schnell nach der oberen Hand. Aber wie schauts den bei euch aus, was sind denn eure Ziele? Wo möchtest du gerne in 5 Jahren mit Miro stehen?
Martina: Ich hätte gerne ein absolut sicher an den Hilfen stehendes Pferd, was eine majestätische Ausstrahlung hat, dem man die Freude und Energie einfach nur schon vom Ansehen ansieht, der sich selber mit Freude präsentiert, dass alles aussieht wie mit Leichtigkeit und Spaß, dass man gar nicht sieht, was da für eine Arbeit dahintersteckt. Das möchte ich gerne erreichen.
Murgesenpferd.de: Wow! Was für eine tolle Beschreibung und wunderschönes Ziel! Das freut mich sehr! Ich danke Dir für deine Zeit, Martina, und wünsche Dir und Miro alles Gute!
Wusstest du dass...

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