Guiseppe Maresca und die Wiederauferstehung einer ausgestorbenen Rasse: Die Neapolitaner

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Jetzt haben wir schon so einiges über die Vergangenheit der Neapolitaner herausgefunden (wer den Artikel noch nicht gelesen hat, kann ihn hier wieder finden). Ganz schön spannend – von einer begehrten Rasse mit Talent für die hohe Schule der Reitkunst, legendärer Vorfahre der Lipizzaner und Kladruber bis hin zum Untergang durch ihre vermeintliche Schwierige Abrichtbarkeit angekurbelt durch die alten Reitmeister die Pferde bevorzugten die etwas, ja, einfacher sind. Sie galten sehr lange als ausgestorben, da ihre Blutinien über die Jahre vermehrt mit anderen Rassen gekreuzt und so „verwässert“ wurden. Nur die Murgesen blieben durch die Liebe & Traditionsbewusstsein einiger Landwirte erhalten. Doch da will ich an dieser Stelle nicht mehr all zu tief eingehen, dazu findest Du nämlich hier mehr. 

Wo Guiseppe Maresca anfing

Foto: "Nobilissimo Coursier Nappolitain" Abraham van Diepenbeeck (1650)
Stallbursche & Zwei Neapolitaner (1790) Johann Georg Pforr
"Napolitain" (1770) Johann Elias Ridinger

Wer sich in die Thematik einlesen möchte, wird bald merken dass es recht schwierig ist mehr über die Neapolitaner herauszufinden. Es verbleiben nur Gemälde und Kupferstiche der Pferde, doch einer wagte es aus Liebe der Pferde gegenüber sich auf die Suche „reinster“ Nachkommen der Neapolitanischen Pferde zu begeben. Guiseppe Maresca, Gründer und Präsident der „Accademia Equestre“, Förderer der Wiedergeburt des neapolitanischen Pferdes und Sohn einer seit über 800 Jahren hier ansässigen Familie machte sich Anfang der 1970er Jahre auf die Suche nach diesen Pferden. Es war ihm fremd, dass eine so berühmte und stolze Rasse wie vom Erdboden verschluckt verschwand, vor allem, weil sie ein absolut fester Bestandteil der hiesigen Kultur waren. Doch wo fängt man bei solch einer Herausfordernden Suche an? Bei den Züchtern.

Er nahm also Kontakt mit den einflussreichsten Züchtern Italiens auf und begann in deren Archiven zu recherchieren. So stieß er auf immer wiederkehrende Schlüsselwörter wie die Zucht der Familie Farina in Capua, dass diese Familie noch im 18. Jahrhundert eine Auszeichnung für ihren Neapolitanischen Hengst „Petrarca“ eine Auszeichnung erhielten. Er fand zudem einige Züchter in der Region deren kleine Privatpferdezucht einige Linien zurück auf diesen Hengst führten. Zusammen mit einem wissenschaftlichen Team untersuchte er die Pferde und fand so einen Junghengst sowie einige Stuten deren Vorfahren und Rassemerkmale am nächsten zu den Neapolitanern waren. Schon bald begrüßte Guiseppe die ersten Fohlen deren Züge und Merkmale derer historischen Abbildungen ähnelten, die man in Gemälden und Memoiren der Reitmeister wieder fand.

Doch damit war noch nicht Schluss, die Suche nach weiteren Pferden mit höherer Reinheit ging weiter. Dieses mal hatte er einen anderen Ansatz und fing an die Lipizzanischen Stutbücher zu durchforsten, denn 2 der bekannten Ur-Väter waren die Neapolitanischen Hengste „Conversano“ & „Neapolitano“. Er fand heraus, dass viele der braunen Lipizzaner verkauft wurden, um die Schimmel-Zucht weiter zu konsolidieren. Er konzentrierte sich vorerst auf die damalige Jugoslawische Region und fand so 1990 mitten in Serbien einen recht alten Hengst. Dieser Hengst hatte alles, was ein Neapolitaner sein sollte. Alle Rassetypischen Merkmale & eine braune Jacke! Er hieß zudem auch noch „Neapolitano“. Er kaufte ihn, und schon bald konnte er seine Blutlinie der bestehenden neuen Zucht hinzufügen.

Die Rassemerkmale nach Maresca

Maresca hat zudem auch die Rassetypischen Merkmale wie folgt zusammengefasst:

  1. Kopf: Trocken, fein ziseliert, lang. Breite Stirn mit  großem, klarem Auge, Nasenlinie bis zum unteren Drittel gerade, dann „wie ein Adlerschnabel“ (Grisone) nach unten abfallend. Keine  Ramsköpfe! Sehr intelligenter, lebendiger Ausdruck.
  2. Hals: Lang, fein, gut geschwungen, hoch angesetzt.  Starke natürliche Beizäumung.
  3. Rücken: Kurz und relativ gerade, geschlossen in der Lendenpartie. 
  4. Hinterhand: Runde, oft leicht gespaltene Kruppe mit tiefem Schweifansatz.
  5. Vorhand: Lange, schräge Schulter, langer und starker Oberarm, feines Röhrbein 
  6. Brust: Weit, bei trotzdem genügender Freiheit der Vorhand.
  7. Langhaar: Lang und üppig.
  8. Bewegung: Hohe, aber gleichzeitig sehr raumgreifende Aktion mit gerade nach vorn geführter Gliedmaße. Kein Bügeln. Enorme natürliche Versammlungsbereitschaft und Kraftentwicklung aus der Hinterhand.
  9. Stockmaß. Ca. 150-165 cm
  10. Farben: In der Blütezeit der Rasse waren Apfelschimmel, Schecken, Braune und Dunkelbraune besonders beliebt. Die heutigen Neapolitanos sind größtenteils braun oder schwarz

Recht ähnlich zu dem anonymen Gedicht dass ich euch auch schon mal gezeigt habe ( ich habe es euch hier weiter unten noch mal hinzugefügt 😁), oder? Ein Wahrhaftiger Erfolg nenne ich das! Das tolle ist, die Merkmale sowie seine ganze Erfahrung hat Maresca in seinem Buch festgehalten. Aktuell gibt es diese „nur“ in der französischen Version, aber wer etwas französisch sprechen kann oder sich die Bilder anschauen will, der kommt trotzdem auf seine Kosten. 

Foto: "Cheval napolitain" Baron d'Eisenberg (1759)
Modernes Neapolitanisches Pferd vorgestellt auf der Fiera Cavalli 2014

Die Anerkennung des Stutbuches

Die nächsten Jahre waren geprägt von züchterischen Zielen, Rückschläge und Erfolge. 2003 konnte er jedoch seinen größten Triumph feiern: Das von ihm geschaffene Stutbuch für die Rasse Neapolitano wurde offiziell vom italienischen Ministerium für Land- und Forstwirtschaft anerkannt! Eine für bis dato ausgestorbene Rasse wurde somit offiziell wiederbelebt!

Ein weiteres seiner Ziele war es, Die Wiedererrichtung der in 1532 von Federigo Grisone gegründeten Reitakademie von Neapel. Und die gibt es mittlerweile wieder! Wer gerne mehr erfahren möchte, hier findet ihr den Link. Was wäre denn eine Reitakademie wenn nicht waschechte Neapolitaner dort zu finden sind? Er hält dort regelmäßig Kurs und Shows bei denen man sich einen Eindruck seiner Neapolitaner verschaffen kann. 

Morphologie des Neapolitaners

Ein anonymer Dichter beschreibt das neapolitanische Pferd wie folgt:

„Das Neapelpferd hat einen kleinen Kopf

und kleine Ohren,

seine Stirn ist breit,

sein Vorderschloss ist buschig und seine Augen sind aus Feuer,

Die Nasenlöcher sind lang und der schöne gewölbte Ausschnitt.

Neben all diesen schönen Eigenschaften,

Sein Schwanz ist lang und sein Bauch ist gerade

wie seine Beine.

Um noch besser das perfekte Pferd zu sein,

Seine Mähne ist dick und seine Brust geräumig

und die Natur stattete ihn auch mit einem schönen harten Horn aus

und prall […] „

Der Zeitstrahl der Neapolitaner

III. Jahrhundert vor Christus AD

Erste Aufzeichnungen der Zucht stammt aus einer Ebene, die sich von Volturno bis Sarno erstreckt und einem Teil des Territoriums der Provinzen Caserta und Neapel entspricht. Die Roemer importierten ihre eigenen Pferde welche mit den hiesigen gekreuzt wurden. Hinzu kommen importierte Pferde aus der Meeresrepublik Amalfi deren Linien gekreuzt wurden. Diese bilden die Grundlage der Neapolitaner.  

III. Jahrhundert vor Christus AD

XIII Jahrhundert

Karl von Anjou eroberte das Königreich Neapel. Seine Faszination den Pferden gegenüber, befahl er die Zucht ohne fremdes Blut weiterzuführen und die Zucht & Besitz auf Fürsten und Adlige zu beschränken.

XIII Jahrhundert

XV Jahrhundert

Die spanische Herrschaft über Italien hatte grossen Einfluss auf die Neapolitaner. Durch die Kreuzung und die Festlegung der Rassemerkmale, wurde die Rasse weiter gefördert. 

XV Jahrhundert

XVI Jahrhundert

Höhepunkt der Neapolitaner. Oft jedoch nicht genannt da die regierenden Dynastien, alle Pferde spanischen Ursprungs, nicht so viel Bewunderung für eine Rasse duldeten. Prominente Namen jedoch wie Karl V & der Marquis de Mantua setzten jedoch auf die Rasse und importierten diese für ihre eigene Zucht. 

XVI Jahrhundert

XVIII Jahrhundert

Neapel kam unter österreichischer Herrschaft und diese importierten eine grosse Anzahl an neapolitanischen Pferde. Die Vorliebe zur Jagd mit Hund & Pferd bedeutete dass die Neapolitaner mit Araber gekreuzt wurden. So entstand der Persano. Einige Züchter jedoch hielten die Tradition aufrecht und die Blutlinien „rein“. 

XVIII Jahrhundert

XIX Jahrhundert

Grosse Reitmeister wie François Robichon de la Guérinière verwiesen die Rasse aus den Schulen. Dies zeichnete Niedergang der Rasse. 

XIX Jahrhundert

Du willst mehr Content? Dann schau bei uns auf Instagram vorbei!

Die Gemälde die ihr hier seht, porträtieren den Neapolitaner wie er einst war. Vor allem das Gemälde im Titel sowie das mit den Zwei Pferden und dem Stallburschen, sind Gemälde von George Hamilton (1672-1737), der unter anderem auch die zwei bekanntesten Neapolitanischen Hengste der Habsburger "Cerberus" & "Scaramuie" porträtierte. 

Auch wenn ich mir absolut Mühe gebe mit meiner Recherche, so kann es vorkommen dass ich Dinge fehlinterpretiere oder sonst irgendwas. Hab keine Scheu mich anzuschreiben, denn das Ziel dieses Blogs ist es, eine leicht zu verstehende, kreative Übersicht zu bieten bei dem jeder Leser und Leserinnen sich über die Pferde informieren kann 😁

Wie findest Du diesen Artikel?

5/5

Teile diesen Beitrag mit Freunde & Verwandte

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Weitere Beiträge

Produkte für das Pferd

Pivo Pod – Dein Ersatzkameramann

Inhaltsverzeichnis Bestimmt habt ihr schon mal davon gehört, oder ihr seid aktuell auf der Suche nach einer Möglichkeit eure Ritte aufzunehmen? Der Pivo Pod bietet

Weiterlesen »
Alles rund ums Pferd

Aminosäuren fürs Pferd

Inhaltsverzeichnis Nach dem Mineralfutter-Trend folgt der nächste: Aminosäuren. Doch hinter jedem Trend steckt Wahrheit und Lüge, warum also auf einmal überall Posts, Aufrufe, Berichte und

Weiterlesen »